Googles ausgefallene Sexualpraktiken

Das hätte ich mir vor Jahren nicht träumen lassen, dass ich eines Tages einen Artikel über ausgefallene Sexualpraktiken im Internet veröffentlichen würde. Denn eigentlich ist mit dieses Thema viel zu heiß. Auf der anderen Seite finde ich die Geschichte viel zu unterhaltsam, als dass ich sie unter den Tisch fallen lassen möchte. Letztendlich geht es darum zu zeigen, wie krass die Einflussnahme von Google Suggest auf das Suchverhalten von Otto Normalbürger sein kann.

In der Vergangenheit habe ich schon einige Fälle ausgegraben, die zeigten, dass Googles Vorschlagwesen einen gehörigen Einfluss auf die Besucherströme einer Website haben kann. Sei es der Autoversicherungsvergleich mit seiner Traffic-Verdopplung oder der KFZ-Versicherungsvergleich mit seinem verfünffachten Besucher-Durchsatz. Doch all das ist nichts im Vergleich zu dem, was sich bei den Sexualpraktiken abgespielt hat.

Als grundsätzlich neugieriger Mensch stellte sich mir die Frage, wo denn die Grenzen der Einflußnahme liegen mochten. Verfünfachung der Besucherströme klingt ja schon mal ganz gut, aber vielleicht gab’s ja noch was Besseres. Ich war mir sicher, dass es da noch extremere Anstiege geben musste. Nur wo suchen. Auf einen technischen Ansatz hatte ich keinen Bock, sicherlich wäre da mit Hilfe entsprechender Scripte einiges zu holen gewesen, also blieb mir nur noch mein Grips oder viel Glück. Wem ich meinen Fund letztendlich zu verdanken habe, sei mal dahingestellt, die Idee beim Wörtchen S-e-x mein Glück zu versuchen war auf jeden Fall von Erfolg gekrönt.

Als erstes gibt es hierzu einen Screenshot vom Trafficverlauf (via Googe Insights) für das Suchwort Sexualpraktiken. Ist das nicht witzig? Erst sucht kaum ein Mensch nach dem Begriff und dann stürzen sich die Massen darauf. Der Trafficanstieg für diesen Begriff liegt bei einem Faktor von 20+. Und wie kam es nun dazu? Und warum ist der Traffic am Ende wieder versiegt? Ganz einfach. Wer vor ein paar Monaten die Buchstaben S e x in Googles Suchformular eingetippt hat, dem wurden folgende alternative Suchmöglichkeiten angeboten:

Sexualpraktiken - Google Suggest 11.03.2010

Ganz vorne an steht der Begriff „Sexualpraktiken“, gefolgt von „Sexsucht“ und „Sexspielzeug selber herstellen“. Viele Sucher müssen neugierig geworden sein und haben sich durch die Google Vorschläge gewissermaßen ablenken lassen. Plötzlich suchten Tausende von Bundesbürgern nach Dingen, an die sie vorher nicht gedacht hatten. Das gilt nicht nur für die sexuellen Praktiken, sondern auch für die Sexsucht oder das Herstellen von Sexspielzeug. Kaum vorstellbar, was Google dadurch für Einfluss auf Deutschlands Sexualleben genommen hat. Leider hielt die sexuelle Revolution im Internet nicht lange an. So um den 15. März herum, wahrscheinlich im Zuge der Suggest Anpassung , sind einige Begriffe wieder aus Suggest herausgefallen.

Dieser Screenshot vom 23. März 2010 zeigt die entsprechende Veränderung. Mit der Suggest-Anpassung ist nicht nur eine optische Veränderung einhergegangen, (für mich übrigens eine optische Verschlechterung), es hat anscheinend auch ein inhaltlicher Eingriff stattgefunden. So ein wenig erinnert mich das an Zensur. Wo wir bei einem weiteren sehr spannenden Thema angelangt wären. Wir haben gesehen, wie stark Google Suchen und damit auch die Sucher durch die Hereinnahme von Suchbegriffen beeinflussen kann. Nur wie sieht es eigentlich aus mit dem Umkehrschluss? Wie groß ist eigentlich Googles Einflussnahme durch das Weglassen von Begriffen. Und wie finde ich das? Nach einem Ford Escort Service kann und darf ich suggestgestützt googlen, wenn ich aber das Wörtchen Ford weglasse, dann gibt es weder AdWords Werbung noch Google Suggest Vorschläge. Schon witzig, wie Google glaubt uns bevormunden zu müssen.

7 Gedanken zu „Googles ausgefallene Sexualpraktiken“

  1. Wirklich eine interessante Beobachtung!
    Es war mir klar, dass die vorgeschlagenen Suchphrasen einen Einfluss haben aber so ein immenses Trafficplus hätte ich dann doch nicht erwartet!

  2. Ich bin da aber auch verblüfft, mit dem Weglassen, da hatte ich wohl auch schon ab und an einen Verdacht, wenn man sich mit dem Suchen beschäftigt, aber das die Vorschläge so einen großen Einfluss haben, hätte ich nicht gedacht. Ich gehe da als Webworker kaum darauf ein, aber wie man sieht ist das wohl auch oft anders.

  3. Diese Beoabachtung habe ich in der Tat auch gemacht. Teilweise stieg der Traffic über Longtail Keywords extrem an nachdem sie in die Google Suggests aufgenommen wurden. Interessant finde ich aber, dass das Suchvolumen derart einbricht wenn ein Keyword wie z.B. ‚Sexualpraktiken‘ wieder aus den Suggests entfernt wird. Ich dachte bisher die Suggests werden aufgrund des Suchvolumens angeboten. Offenbar wird das noch stark von anderen Faktoren beeinflusst.

  4. Also bei Ford Escort Service – nur ohne Ford können keine Adwords dafür kommen, denn das duldet Google nämlich nicht. Weiß zwar nicht was daran schlimm ist aber ist nunmal so.

  5. Google spielt wohl seine Rolle als Aufklärer ziemlich frei aus. Dies zeigt mal wieder mehr als deutlich wie sehr wir uns von Suggest beeinflussen lassen. Ob nun im guten oder schlechten Sinne sei mal dahingestellt.

  6. Wow, es ist mir noch nie aufgefallen, dass auch die suggestions organisch sind. ich meine natürlich sind sie es, aber wie einfach ist googles einflussnahme heutzutage überhaupt geworden.

    @daniel: wenn ich islam eingebe kommt unter anderem „islamische namen“, „islamische kleidung“, etc. ok vielleicht hat google auch hier wieder an den hebeln gespielt.

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