Seo Jones und der Backlink des Todes

seo-jones-backlink-des-todes „Ein guter Backlink ist immer perfekt an seine Umgebung angepasst.“ Seo Jones schrieb auf die grüne Tafel im großen Hörsaal ein „A“ nach dem anderen. „Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Blatt voller A-s, in verschiedenen Schriften und Farben. Ein Backlink in Form eines Z würde hier sofort auffallen. In der nächsten Stunde erkläre ich Ihnen dann, wie sie gute Backlinks finden. Vergessen Sie bitte nicht, Ihre Hausarbeiten auf den Tisch zu legen.“ Der Professor für Linkologie hasste die Grundkurs-Vorlesungen, ebenso die Korrektur der Klausuren. Deshalb setzte er sich sofort in sein Büro, um einen Blick auf die Machwerke zu werfen. Schon nach wenigen Minuten fluchte er: „Die würden nicht mal Links in einem Webkatalog finden.“ Unterbrochen wurde seine Arbeit vom Signalton, den sein Notebook bei eingehenden Mails von sich gab.

Eine E-Mail mit anonymem Absender befand sich im Posteingang. Der Betreff: „Es ist soweit.“ Angefügt waren zwei eingescannte Zeitungsartikel. In beiden ging es um aufstrebende Firmen, die von heute auf morgen von der Bildfläche verschwunden waren. Unterschrieben war die Nachricht mit UT. „United Theos, das kann nicht sein.“ Jones sprang auf und rannte in die Bibliothek. In der hintersten Ecke, wo die Birne schon seit Jahren flackert, fand er das Buch. Es war alt, zerfleddert und durch hunderte Hände gegangen. Der Linkologe blätterte ein wenig und fand, was er suchte. Vor Ewigkeiten soll ein Backlink des Todes ganze Dynastien zu Staub und Sand verfallen lassen haben. Dahinter steckte die geheime Bruderschaft der United Theos. Sie hatte den Link aus einer anderen Dimension beschworen, um die Welt zu beherrschen. Erst Druiden schafften es, den tödlichen Link zu entzaubern. Als Warnung schufen sie eine Sandbox aus purem Gold, gefüllt mit dem Staub aller Reiche, die vernichtet worden waren.

Seo Jones grübelte. „Wie kann das sein? Der Backlink des Todes soll den Aufzeichnungen zufolge für tausend Ewigkeiten unauffindbar und die Bruderschaft zerschlagen sein.“ Die Nachrichten aus der E-Mail und die Geschichte der Druiden beschäftigten den Professor den gesamten Weg bis hin zu seinem Auto. Erst ein Umschlag, der hinter dem Scheibenwischer steckte, riss ihn aus seinen Gedanken. „Sie müssen die Bruderschaft stoppen. Sonst ist alles aus.“

Am nächsten Tag rief Seo Jones seine Assistentin Anna Lytics zu sich. „Suchen Sie mir alle Informationen zur Bruderschaft der United Theos sowie Firmen und Gesellschaften, die auf unergründliche Weise nicht mehr existieren“. Er selbst begab sich wieder in die Bibliothek. Stundenlang wälzte er teils noch handschriftlich verfasste Werke. Ein Hinweis besagte, die Formel der Druiden sei auf einer Pergamentrolle notiert worden. Nur mit ihr könne man den Backlink finden und unschädlich machen. Seo nahm sein Handy und wählte. Nach einigen Sekunden meldete sich die vertraute Stimme von Harry Otter, der weniger an Links denn an der Magie interessiert war. „Ich brauche Deine Hilfe. Es geht um eine Pergamentrolle. Die von den Druiden. Du weißt schon.“ Stille am anderen Ende der Leitung. „Du hast es also auch gehört. Die Rolle soll nach Afrika gebracht worden sein und dort unter einem heiligen Baum liegen. Treffen wir uns in Nairobi.“

Zehn Tage waren Seo und Harry unterwegs. Sie folgten den Hinweisen weiser Männer, Schamanen und Schwarzmagier. Auf ihrer Reise fanden sie viele heilige Bäume. Sie wollten noch einen Versuch starten. Doch ihr Fahrzeug war in der Nacht in Flammen aufgegangen. „Die Brüder wissen, dass wir hier sind“, sagte Seo. Er lieh sich einen altersschwachen Jeep und fuhr alleine zum besagten Baum, weil sein Freund sich nicht wohl fühlte. Der heilige Baum wuchs anders als die übrigen Pflanzen auf einem Felsen, der mit Zeichen übersät war. Jones erkannte sie und fand die Rolle. Um sie in Sicherheit zu bringen, rief er Harry von unterwegs aus an und schickte ihn zum Flughafen. Sie nahmen die nächste Maschine, die Papyrusrolle gut verstaut im Rucksack des Professors. Harry hatte sie noch nicht zu Gesicht bekommen, war seit dem Fund aber sehr ruhig geworden.

Der Flug war anstrengend. Keiner von beiden hatte ein Wort gesprochen. Erst jetzt, im Büro von Seo Jones, brachen sie das Schweigen. „Wir müssen die Rolle übersetzen und den Link finden“, flüsterte Harry. Das wäre einfach gewesen, gäbe es ein Lexikon oder Wörterbuch zu den Symbolen der Druiden. Die wenigen Fragmente, die Forscher im Laufe der Jahrhunderte entschlüsselt hatten, mussten reichen. Die ganze Nacht über stritten Seo und Harry über die Bedeutung einzelner Zeichen. Es gab zu viele Möglichkeiten, sie zu lesen. Sie benötigten zwölf Stunden, bis sie sich auf eine Lösung einigten. Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Für den Ritus musste es Nacht und Vollmond sein. Die Rolle schlossen sie im Tresor der Universität ein und ließen zwei Wachmänner patroulieren.

Das Mondlicht warf Schatten, die über die Regale und den großen Tisch in Seo Jones‘ Büro tanzten. Nur einige Kerzen flackerten und erhellten einen Kupferkessel, aus dem faulig stinkende Schwaden empor stiegen. Der Magier und der Linkologe beschworen den Backlink des Todes. Mit jedem Satz brodelte die Mischung in dem Kessel mehr. Es stank und ein greller Lichtstrahl erschien. In ihm, wie auf einer Wolke schwebend, sahen die beiden den Link. Er funkelte in allen Farben. Harry griff zu. „Jetzt habe ich Dich und die Welt gehört mir.“ Seo starrte seinen Freund an, der wie von Sinnen schien. „Ich habe Dich auf die falsche Fährte gelockt. Du warst so dumm und hast alles geglaubt. Dabei solltest Du mir nur helfen, endlich den Link zu finden, den ich seit Jahren suche. Meine Urahnen waren in der Bruderschaft und wurden hart dafür bestraft. Jetzt nehme ich Rache.“ Der erste Hieb mit dem Backlink verfehlte Seo nur knapp. Geschmeidig wie eine Katze rollte sich der Professor ab und landete auf dem Rücken. Harry schien übermenschliche Kräfte zu haben. Er stand über Seo und wollte erneut zuschlagen. „Jetzt sehen wir gleich, ob Du zu Sand wirst.“

Just in dem Moment wurde die Tür zum Büro geöffnet. Anna Lytics stand dort mit einer grellen LED-Taschenlampe. „Hallo, Mr. Jones? Ich habe noch Licht gesehen und wollte nur sagen, dass ich nichts zur Bruderschaft gefunden habe.“ Als sie die Situation erfasste, blieben ihr die Worte weg. Immerhin hatte sie Harry abgelenkt. Als sie ihn dann auch noch mit der Taschenlampe blendete und er den Backlink des Todes fallen ließ, griff Seo Jones geistesgegenwärtig zu. Er berührte mit dem Link das Bein seines Ex-Freundes. Der Magier schrie auf. Bis auf ein Häufchen Sand blieb nichts von ihm übrig. „Danke, Anna. Sie haben mir das Leben gerettet.“ Die Assistentin war blass, keifte aber gleich los: „Den Dreck machen Sie weg und lüften Sie mal.“ So schnell in die Realität zurückgeholt zu werden, ließ auch Seo in sich zusammensacken. Nach einigen Momenten nahm er den Link und warf ihn in den Kupferkessel. Ein Jaulen hallte durch den Raum. Der Link löste sich vor seinen Augen auf und verschwand. Das Pergament landete wenig später im Kamin. „Damit dürfte die Gefahr vorerst gebannt sein“, murmelte Seo, ehe er sich ein Gläschen Scotch gönnte.

[Titelbild designed by Martin Mißfeldt]

21 Gedanken zu „Seo Jones und der Backlink des Todes“

  1. Pingback: Seo Jones geht in Serie | SEO MetaBlog
  2. Hallo,

    leider kommt man im Zuge von Twitter und Co. manchmal erst am Wochenende dazu, derartige Maummutblogs zu lesen. Lustige Geschichte, vielleicht in einer der nächsten Ausgaben einmal der `SEOnator – I´ll link back´ !?

    Grüße

    Gretus

  3. Das ist doch mal eine schöne Abwechslung , die mir gerade recht kommt. Wirklich gut gemacht. Da freue ich mich schon, die Fortsetzung zu lesen und ein bisschen zu entspannen.

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